Von Goethe und Herrn Felßner

Wahrscheinlich wird der ein oder andere sich fragen, wer denn Herr Felßner ist. Günther Felßner ist Präsident des Bayerischen Bauernverbandes und sollte, wenn es nach Markus Söder gegangen wäre, neuer Landwirtschaftsminister in der schwarz-roten Bundesregierung werden.
Doch der Wunschkandidat des bayerischen Ministerpräsidenten zog am 25. März seine Bereitschaft zurück. Aktivisten, so die Begründung, hätten seinen Hof besetzt, Frau und Familie bedroht – der Vorfall ging durch die Medien. Klar auf den Punkt: Einschüchterungen, Nötigung oder gar körperliche Gewalt, ob nun gegen einen Bauernpräsidenten, Plakate klebende Wahlhelfer, Abgeordnete oder Bürgermeister, sind vollkommen inakzeptabel.
Hinter die Fassade geschaut
Die einen Medien schreiben von Bengalos und Rauch im Stall, die anderen von einer Einladung an die Tierschutzaktivisten durch Mitarbeiter des Hofes. Aber unabhängig davon, was nun im Detail an diesem Tag auf dem Rinderhof wirklich vorgefallen ist, ein Statement von dpa bleibt: „Bei einer Kontrolle auf dem Hof des bayerischen Bauernpräsidenten und CSU-Politikers Günther Felßner hat das Veterinäramt Mängel bei der Tierhaltung festgestellt."
Es habe sich um geringe Mängel bei der Einstreu und der Entmistung der Rinderställe sowie um gering- bis mittelgradige Mängel bei der tierärztlichen Versorgung einzelner Rinder gehandelt.“ Auslöser für die Kontrolle des Hofes waren investigativ erstellte Videoaufnahmen aus dem Stall. Die Bilder zeichnen ein düsteres Bild für die Tiere auf dem Hof eines Bauernpräsidenten.
Was ich bis heute nicht fand, ist ein Medienbericht, in dem Günther Felßner bestreitet, dass es in seiner Tierhaltung „gering- bis mittelgradige Mängel bei der tierärztlichen Versorgung“ gibt.
Von wegen Vorbildfunktion
„Wer Gutes will, der sei erst gut“ aus Goethes „Der Tragödie zweiter Teil“ bringt es auf den Punkt. Wenn ein Bauernpräsident so mit seinen Tieren umgeht, dann ist das schlimm und er dürfte sein Amt nicht ausüben. Müsste er nicht mit bestem Beispiel vorangehen und eine exzellente Tierhaltung betreiben – um damit Systemkritiker Lügen zu strafen? „Wie der Abt, so die Mönche?“, könnte man fragen. Kein Aufschrei der Bauernschaft, ob des miesen Vorbilds. Oder sind solche Tierhaltungen doch kein Einzelfall, sondern bauerngesellschaftsfähig?
